Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 15. September 1994. Wolfgang Brenner und Peter Noller gegen Dean Witter Reynolds Inc. Ersuchen um Vorabentscheidung: Bundesgerichtshof - Deutschland. Brüsseler Übereinkommen - Artikel 13 und 14 - Zuständigkeit für Verbrauchersachen - Vertragspartei ohne Wohnsitz in einem Vertragsstaat. Rechtssache C-318/93.

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Brüsseler Übereinkommen
Artikel 13 und 14
Zuständigkeit für Verbrauchersachen
Vertragspartei ohne Wohnsitz in einem Vertragsstaat.
Summary
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DE

Leitsätze

Die Gerichte des Wohnsitzstaats des Verbrauchers sind nach Artikel 14 Absatz 1 zweite Alternative des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in der Fassung des Übereinkommens vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland für die Entscheidung über eine Streitigkeit zuständig, wenn die andere Vertragspartei ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat oder nach Artikel 13 Absatz 2 dieses Übereinkommens so zu behandeln ist, wie wenn dies der Fall wäre. Artikel 13 Absatz 2, der den Fall betrifft, daß der Vertragspartner des Verbrauchers, auch wenn er im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats keinen Wohnsitz hat, dort eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung besitzt und die Streitigkeit mit ihrem Betrieb zusammenhängt, stellt nämlich in Verbrauchersachen die einzige Ausnahme von der Regel des Artikels 4 dar, wonach sich die Zuständigkeit der Gerichte für die Entscheidung über Streitigkeiten, bei denen der Beklagte keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, nicht nach dem Übereinkommen, sondern nach den Gesetzen des Vertragsstaats bestimmt, in dessen Hoheitsgebiet sich das angerufene Gericht befindet.

Bibliographic notice

Publication reference

  • Publication reference: Sammlung der Rechtsprechung 1994 I-04275

Document number

  • ECLI identifier: ECLI:EU:C:1994:331

  • Celex-Nr.: 61993CJ0318

Authentic language

  • Authentic language: Deutsch

Dates

  • Date of document: 15/09/1994

  • Date lodged: 16/06/1993

Miscellaneous information

  • Author: Gerichtshof

  • Country or organisation from which the decision originates: Deutschland

  • Form: Urteil

Procedure

  • Type of procedure: Vorabentscheidung

  • Judge-Rapportuer: Rodríguez Iglesias

  • Advocate General: Darmon

  • Observations: EUMS, EUINST, Europäische Kommission, Deutschland

  • National court:

    • *A9* Bundesgerichtshof, Vorlagebeschluß vom 25/05/1993 (XI ZR 45/91 ; XI ZR 59/91)
    • - Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des internationalen Privatrechts im Jahre 1993 nº 142
    • - Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 1993 p.518-519
    • - Europäisches Wirtschafts- & Steuerrecht - EWS 1993 p.265-266
    • - Neue juristische Wochenschrift 1993 p.2640 (résumé)
    • - Recht der internationalen Wirtschaft 1993 p.671-672
    • - Wertpapier-Mitteilungen 1993 p.1215-1216
    • - Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 1993 p.993-994
    • - Nassall, Wendt: Verbraucherschutz durch europäisches Verfahrensrecht, Wertpapier-Mitteilungen 1993 p.1950-1955
    • - Geimer, Reinhold: Kompetenzrechtlicher Verbraucherschutz, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 1993 p.564-567
    • - Nassall, Wendt: Verbraucherschutz durch europäisches Verfahrensrecht, Wertpapier-Mitteilungen 1993 p.1950-1955
    • - Geimer, Reinhold: Kompetenzrechtlicher Verbraucherschutz, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 1993 p.564-567

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Leitsätze
Parteien
Entscheidungsgründe
Kostenentscheidung
Tenor

Schlüsselwörter

++++ bereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen - Zuständigkeit für Verbrauchersachen - Vertragspartner, der in einem Vertragsstaat weder einen Wohnsitz noch eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung hat, die aufgrund ihres Betriebs von dem Rechtsstreit betroffen ist - Zuständigkeit der Gerichte des Wohnsitzstaats des Verbrauchers nach dem Übereinkommen - Ausschluß (Übereinkommen vom 27. September 1968, Artikel 13 und 14 in der Fassung des Beitrittsübereinkommens von 1978)

Leitsätze

Die Gerichte des Wohnsitzstaats des Verbrauchers sind nach Artikel 14 Absatz 1 zweite Alternative des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in der Fassung des Übereinkommens vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland für die Entscheidung über eine Streitigkeit zuständig, wenn die andere Vertragspartei ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat oder nach Artikel 13 Absatz 2 dieses Übereinkommens so zu behandeln ist, wie wenn dies der Fall wäre. Artikel 13 Absatz 2, der den Fall betrifft, daß der Vertragspartner des Verbrauchers, auch wenn er im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats keinen Wohnsitz hat, dort eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung besitzt und die Streitigkeit mit ihrem Betrieb zusammenhängt, stellt nämlich in Verbrauchersachen die einzige Ausnahme von der Regel des Artikels 4 dar, wonach sich die Zuständigkeit der Gerichte für die Entscheidung über Streitigkeiten, bei denen der Beklagte keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, nicht nach dem Übereinkommen, sondern nach den Gesetzen des Vertragsstaats bestimmt, in dessen Hoheitsgebiet sich das angerufene Gericht befindet.

Parteien

In der Rechtssache C-318/93

wegen eines dem Gerichtshof gemäß dem Protokoll vom 3. Juni 1971 betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den Gerichtshof (ABl. 1972, L 299, S. 32) vom Bundesgerichtshof in den bei diesem anhängigen Rechtsstreitigkeiten

Wolfgang Brenner,

Peter Noller

gegen

Dean Witter Reynolds Inc.

vorgelegten Ersuchens um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 13 und 14 des genannten Übereinkommens vom 27. September 1968 in der Fassung des Übereinkommens vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten K önigreichs Großbritannien und Nordirland (ABl. L 304, S. 1)

erläßt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. C. Moitinho de Almeida, der Richter R. Joliet, G. C. Rodríguez Iglesias (Berichterstatter), F. Grévisse und M. Zuleeg,

Generalanwalt: M. Darmon

Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- des W. Brenner und des P. Noller, vertreten durch Rechtsanwalt C. Klaas, Karlsruhe,

- der deutschen Regierung, vertreten durch C. Böhmer, Ministerialrat im Bundesministerium der Justiz, als Bevollmächtigten,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch P. Van Nuffel, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten, Beistand: Rechtsanwalt A. Böhlke, Frankfurt und Brüssel,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen des W. Brenner und des P. Noller in der Sitzung vom 28. April 1994,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. Juni 1994,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe

1 Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluß vom 25. Mai 1993, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Juni 1993, gemäß dem Protokoll vom 3. Juni 1971 betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den Gerichtshof (ABl. 1972, L 299, S. 32) in der Fassung des Übereinkommens vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten K önigreichs Großbritannien und Nordirland (ABl. L 304, S. 1; im folgenden: Übereinkommen) mehrere Fragen nach der Auslegung der Artikel 13 und 14 des Übereinkommens zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in Rechtsstreitigkeiten zwischen W. Brenner, einem selbständigen Schreinermeister, und P. Noller, einem angestellten Textiltechniker, beide wohnhaft in der Bundesrepublik Deutschland, auf der einen und der Dean Witter Reynolds Inc., einer Brokerfirma mit Sitz in New York, auf der anderen Seite.

3 Wie sich aus dem Vorlagebeschluß ergibt, beauftragten die Kläger - außerhalb ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit - die Beklagte mit der kommissionsweisen Durchführung von Warentermingeschäften.

4 Die Kläger leisteten erhebliche Einschüsse, die bis auf geringe Restbeträge durch Spekulationsverluste und Provisionen aufgezehrt wurden.

5 Die Beklagte wirbt in Deutschland durch Einschaltung der Dean Witter Reynolds GmbH, einer deutschen Firma mit Sitz in Frankfurt am Main. Zwischen den Parteien ist jedoch unstreitig, daß der Kontakt zwischen ihnen ausschließlich von der MWB Metzler Wirtschafts- und Börsenberatungsgesellschaft mbH in Frankfurt am Main vermittelt wurde, die von der Beklagten unabhängig ist.

6 Die Kläger verlangten Schadensersatz, wobei sie sich auf eine Verletzung der vertraglichen und vorvertraglichen Pflichten durch die Beklagte, auf ein deliktisches Verhalten im Zusammenhang mit Spesenreiterei durch eine Vielzahl teils unsinniger Geschäfte (-churning) sowie auf Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung stützten.

7 Das von den Klägern angerufene Landgericht hielt sich für die Klagen gegen die Beklagte für unzuständig. Seine Entscheidungen wurden in der Berufungsinstanz bestätigt. Darauf legten W. Brenner und P. Noller Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) ein.

8 Nach Ansicht des BGH ist es auf der Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen nur in Anwendung der Artikel 13 und 14 des Übereinkommens möglich, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zu bejahen.

9 Artikel 13 des Übereinkommens lautet:

-Für Klagen aus einem Vertrag, den eine Person zu einem Zweck abgeschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person (Verbraucher) zugerechnet werden kann, bestimmt sich die Zuständigkeit, unbeschadet des Artikels 4 und des Artikels 5 Nummer 5, nach diesem Abschnitt,

1. wenn es sich um den Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung handelt,

2. wenn es sich um ein in Raten zurückzuzahlendes Darlehen oder ein anderes Kreditgeschäft handelt, die zur Finanzierung eines Kaufs derartiger Sachen bestimmt sind, oder

3. für andere Verträge, wenn sie die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand haben, sofern

a) dem Vertragsabschluß in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist und

b) der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluß des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat.

Hat der Vertragspartner des Verbrauchers in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats keinen Wohnsitz, besitzt er aber in einem Vertragsstaat eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung, so wird er für Streitigkeiten aus ihrem Betrieb so behandelt, wie wenn er seinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet dieses Staates hätte.

Dieser Abschnitt ist nicht auf Beförderungsverträge anzuwenden.

- Sodann bestimmt Artikel 14 Absatz 1:

-Die Klage eines Verbrauchers gegen die andere Vertragspartei kann entweder vor den Gerichten des Vertragsstaats erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet diese Vertragspartei ihren Wohnsitz hat, oder vor den Gerichten des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat.

- Der BGH führt aus, in den vorliegenden Fällen habe die andere Vertragspartei in den Vertragsstaaten des Übereinkommens keinen Wohnsitz und es sei auch keine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung im Sinne des Artikels 13 Absatz 2 des Übereinkommens in den Abschluß oder die Durchführung des Vertrages eingeschaltet gewesen. Es frage sich, ob es für den Verbraucher in einer solchen Situation nur ausgeschlossen sei, gegen die andere Vertragspartei vor den Gerichten des Staates Klage zu erheben, in dessen Hoheitsgebiet diese Vertragspartei ihren Wohnsitz habe, oder ob es auch ausgeschlossen sei, die Klage vor den Gerichten des Vertragsstaats zu erheben, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz habe. Für letzteres könnte Artikel 4 Absatz 1 des Übereinkommens sprechen, der die Anwendbarkeit des Übereinkommens davon abhängig mache, daß der Beklagte einen Wohnsitz in einem Vertragsstaat habe.

12 Unter diesen Umständen hat der BGH beschlossen, die Verfahren bis zur Vorabentscheidung des Gerichtshofes über folgende Fragen auszusetzen:

1) Setzt die Bejahung der internationalen Zuständigkeit des Wohnsitzstaats des Verbrauchers nach Artikel 14 Absatz 1 2. Alternative des Übereinkommens (EuGVÜ) voraus, daß die andere Vertragspartei ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat des Übereinkommens hat bzw. nach Artikel 13 Absatz 2 EuGVÜ so zu behandeln ist, wie wenn dies der Fall wäre?

2) Schließt Artikel 13 Absatz 1 Nr. 3 EuGVÜ Kommissionsverträge ein, die auf die Durchführung von Warentermingeschäften gerichtet sind?3) Ist Artikel 13 Absatz 1 Nr. 3 Buchstabe a EuGVÜ bereits anwendbar, wenn der Vertragspartner des Verbrauchers vor dem Vertragsabschluß im Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers geworben hat, oder verlangt die Bestimmung einen Zusammenhang zwischen der Werbung und dem Vertragsabschluß?

4) a) Umfaßt der Begriff -Klagen aus einem Vertrag in Artikel 13 Absatz 1 EuGV Ü neben der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten auch diejenige von Ansprüchen aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten (culpa in contrahendo) und aus ungerechtfertigter Bereicherung im Zusammenhang mit der Rückabwicklung vertraglicher Leistungen?

b) Eröffnet Artikel 13 Absatz 1 EuGVÜ für eine Klage, mit der Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung vertraglicher und vorvertraglicher Pflichten, Anspr üche aus ungerechtfertigter Bereicherung sowie Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung geltend gemacht werden, eine Annexzuständigkeit kraft Sachzusammenhangs auch für die nichtvertraglichen Klageansprüche?

13 Der BGH weist darauf hin, daß die Fragen 2, 3 und 4 nur für den Fall gestellt seien, daß die Frage 1 im Sinne der Anwendbarkeit des Artikels 14 Absatz 1 des Übereinkommens auf einen Fall wie den vorliegenden zu beantworten sei.

14 Zunächst ist festzustellen, daß die Artikel 13 und 14 zum Abschnitt über die -Zuständigkeit für Verbrauchersachen gehören.

15 Aus Artikel 13 Absatz 1 ergibt sich ausdrücklich, daß dieser gesamte Abschnitt -unbeschadet des Artikels 4 gilt.

16 Artikel 4 Absatz 1 lautet: -Hat der Beklagte keinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats, so bestimmt sich, vorbehaltlich des Artikels 16, die Zuständigkeit der Gerichte eines jeden Vertragsstaats nach seinen eigenen Gesetzen. Artikel 16 enthält Regeln über die ausschließliche Zuständigkeit für Klagen betreffend dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen sowie die Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen, die Gültigkeit, die Nichtigkeit oder die Auflösung einer Gesellschaft oder juristischen Person, die Gültigkeit von Eintragungen in öffentliche Register, die Eintragung oder die Gültigkeit von Patenten, Warenzeichen, Mustern und Modellen sowie ähnlicher Rechte und für Verfahren betreffend die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen.

17 Daraus folgt, daß sich vorbehaltlich dieser ausschließlichen Zuständigkeiten die Zuständigkeit der Gerichte für die Entscheidung über Streitigkeiten, bei denen der Beklagte keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, nicht nach dem Übereinkommen, sondern nach den Gesetzen des Vertragsstaats bestimmt, in dessen Hoheitsgebiet sich das angerufene Gericht befindet.

18 In Verbrauchersachen ist die einzige Ausnahme von der Regel des Artikels 4 in Artikel 13 Absatz 2 enthalten, der eingreift, wenn der Vertragspartner des Verbrauchers, auch wenn er im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats keinen Wohnsitz hat, dort eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung besitzt und die Streitigkeit mit ihrem Betrieb zusammenhängt.

19 Insoweit genügt die Feststellung, daß ausweislich des Vorlagebeschlusses keine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung im Sinne des Artikels 13 Absatz 2 in den Abschluß oder die Durchführung der Verträge zwischen W. Brenner und P. Noller auf der einen und der Beklagten auf der anderen Seite eingeschaltet war und daß diese Ausnahme im vorliegenden Fall also nicht eingreift.

20 Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist auf die erste Frage zu antworten, daß die Gerichte des Wohnsitzstaats des Verbrauchers nach Artikel 14 Absatz 1 2. Alternative des Übereinkommens für die Entscheidung über eine Streitigkeit zuständig sind, wenn die andere Vertragspartei ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat oder nach Artikel 13 Absatz 2 des Übereinkommens so zu behandeln ist, wie wenn dies der Fall wäre.

21 Angesichts dieser Antwort auf die erste Frage brauchen die anderen Fragen nicht beantwortet zu werden.

Kostenentscheidung

Kosten

22 Die Auslagen der deutschen Regierung und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien der Ausgangsverfahren ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

auf die ihm vom Bundesgerichtshof mit Beschluß vom 25. Mai 1993 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

Die Gerichte des Wohnsitzstaats des Verbrauchers sind nach Artikel 14 Absatz 12. Alternative des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in der Fassung des Übereinkommens vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten K önigreichs Großbritannien und Nordirland für die Entscheidung über eine Streitigkeit zuständig, wenn die andere Vertragspartei ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat oder nach Artikel 13 Absatz 2 dieses Übereinkommens so zu behandeln ist, wie wenn dies der Fall w äre.


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